Mit 38, Anfang 2012 ging ein erster Ruck durch mein Leben, als ich zum ersten Mal realisierte, dass ich nicht das lebe, was ich leben wollte. Ich wollte Mutter sein, doch weit und breit kein eigenes Kind in Sicht. Meine Vorstellung war immer, ich bekomme mindestens 3 Kinder, bin Vollblutmami und aktiv mit anderen Mamis unterwegs. Da war ich also, 38 Jahre alt, gerade in einer neuen Beziehung mit einem Mann, der sterilisiert war.
Zum einen
reflektierte ich die Frage, warum will ich Kinder und dann, ob ich es wirklich
noch will. Es kam ein nein. Zum zweiten kam nun eine viel schwerwiegendere Frage
auf, nämlich: was will ich denn nun von meinem Leben? Dass ich bis zu meiner
Pension angestellt sein werde und einen Job mache, wie die meisten Menschen,
war nie Teil meiner Vorstellung, eine andere konkrete Vorstellung hatte ich aber auch
nicht. Oh SHIT, was mach ich denn nun? Was will ich eigentlich, wer bin ich
überhaupt, was kann ich denn und wo soll es hingehen?
Ich hab dann
einiges ausprobiert. Zum einen glaubte ich, es müsse was mit Kindern sein, also
habe ich neben meinem Bürojob die Ausbildung zur Spielgruppenleiterin gemacht.
Es war eher ein Selbstfindungstripp, als dass ich wirklich mit Kindern hätte
arbeiten wollen, also abgehackt.
Mein Bürojob
wurde enger. Ich setzte mich damit auseinander, was denn meine Stärken und
Schwächen sind, was ich denn gerne tue, wo ich in den letzten Jahren beruflich
echte Passion und Freude gelebt habe, und kam zum Schluss, ich will
Direktionsassistentin sein. Also machte ich mich auf die Suche nach einer solchen Stelle. Ich hatte zwar
die Ausbildung dazu 2003 bereits abgeschlossen aber leider auch seit fast dem Zeitpunkt
nicht mehr in einer solchen Position gearbeitet. Keine Ahnung, ob es daran lag,
jedenfalls kam einfach kein solcher Job in mein Leben.
Dafür trat
2013 ein spezieller Mensch in mein Leben, der von einer wunderschönen Vision
erzählte, die sofort in Resonanz ging bei mir. Er träumte von einem Ort, wo
jeder Mensch mit seinem ganzen Sein einfach sein darf, ankommen, ausruhen, sich
Gutes tun. Es war eine Art Wellnessoase mit Sauna aber auch mit Klängen, Düften
und Farben. Und es sollte ein Ort sein, wo sich Menschen vernetzten und
zusammen tun, um nicht mehr alleine zu arbeiten. Da ich Saune liebte und bereits seit Anfang 20 regelmässig in Saunas ging oder mir auch mal eine Massage gönnte, war ich voll begeistert. Wir wurden ein Paar und
schraubten unsere Arbeitspensen herunter auf 80% und eröffneten 2014 unseren
"Raum für Begegnungen". Es war ein Anfang!
Ich merkte
bald, dass ich damit überfordert war und mir einige Fähigkeiten fehlten, um
Menschen zusammen zu bringen und wirklich achtsam und wohlwollend zu führen.
2015 schlossen wir den Raum wieder, nachdem ich mich von ihm trennte, weil mir
Struktur, Regeln, Disziplin und die Auseinandersetzung mit dem Schatten
fehlten. Es war mir zu viel Kuschelmuschel, wir haben uns alle lieb und
alles ist schön.
Ich hing
noch einige Zeit an der Vision und versuchte, sie alleine weiter zu tragen,
doch ich fühlte mich hilflos, alleine und mein Job wurde noch
enger und forderte mich immer mehr heraus.
Gegen Ende
2015 dachte ich, um wirklich mit Menschen zu arbeiten, brauche ich eine
Ausbildung und beschloss, eine Coaching Ausbildung zu machen. Als mein
Arbeitgeber nicht bereit war, sich an den offiziellen und anerkannten Coaching
Ausbildungen finanziell zu beteiligen, schaute ich mich nach einer um, die
wirklich zu mir passte und fand beim Coach Veit Lindau die Menschenlehrer
Ausbildung, die 2017 starten wird.
Zwischenzeitlich
wurde mir mein Job als Sachbearbeiterin so eng, dass ich ihn Anfang 2016
kündigte, kurz bevor ich zusammen brach. Gleichzeitig kündigte ich meine
übergrosse Wohnung, verkaufte oder verschenkte fast alles, ausser Persönliches
und zog bei meinem Freund ein, mit dem Vorsatz, dass ich sowieso nie mehr
alleine wohnen werde. Ich war damals überzeugt, dass wenn ich wirklich Zeit für
mich habe, der ganze Stress vom Job weg ist, ich wieder mehr Energie habe und
wirklich Zeit und Muse für Bewerbungen, dass ich bald einen passenden Job
finden werde. Ich war auch überzeugt, dass ich mit der zukünftigen Ausbildung
zum Integralen Life Coach, meine Chancen noch verbessere und Ende 2016 fing ich
dann auch noch eine Massage Ausbildung an, die ich Anfang 2017 abschloss und damit könnte ich ja auch noch
Geld verdienen.
Mit dem Beginn der
Coaching Ausbildung 2017 fingen dann meine Visionen wieder an zu leben und ich
bastelte Visionboards von meiner eigenen Praxis, suchte Menschen, die sich eine
Praxisgemeinschaft vorstellen könnten, begab mich in Gruppen, wo ich dachte, da
könnte was tolles entstehen, nahm vom Arbeitsamt Coachings für mich in
Anspruch, nahm an einem Seminar teil, wo ich einen Businessplan schrieb, suchte
weiter einen Job als Direktionsassistentin oder auch Projektassistentin,
konkretisierte meine Suche, fing an, in anderen Bereichen zu suchen, damit ich
überhaupt was arbeiten könnte, engagierte mich sozial und machte und tat und
visualisierte. Ich pflegte meine Beziehungen, merkte immer mehr, wer ich bin und was ich kann und fühlte mich immer stärker und besser.
Rund um mich
glaubte ich Menschen zu sehen, die ihre Vision leben oder leben wollten, die
genau wussten, was sie wollten, was sie in diese Welt bringen konnten aber zum
Teil nicht wussten, wie. Nur ich hatte keine klare Idee, was ich konkret tun
wollte, wenn ich doch nur wüsste, was genau, dann weiss ich dann schon wie.
Ideen und Luftschlösser waren da, ich erzählte auch immer wieder davon und war
begeistert, doch nur für kurze Zeit. Bei Meditationen in die Zukunft, kam bei mir auch je länger je weniger wirklich was an. Ich fühlte mich
je länger je verlorener und wusste immer weniger, was ich wirklich will. Und
doch besann ich mich immer wieder auf die Direktionsassistentin. Da gab ich
immer wieder Energie rein aber es schaute nichts heraus. Manchmal war ich so
fest überzeugt, diese Stelle ist es jetzt und genau da bekam ich die
schnellsten Absagen, innerhalb von Minuten oder wenigen Stunden. Ich verstand
die Welt oft nicht mehr und überprüfte ständig, ob das was ich will mit dem
übereinstimmt, was ich kann. Ich korrigierte, verbesserte, passte an.
Der stärkste
Halt in dieser Zeit war für mich die Menschenlehrer Ausbildung. Dieser
Ausbildung gab ich mich hin und versuchte das Gehörte in meinem Alltag
umzusetzen und zu erfahren, oder stellte oft auch fest, dass ich es bereits
lebe. Bei jedem Modul gewann ich mehr Kraft, die Themen faszinierten mich, das
Zusammensein mit so vielen Menschen trug mich, die Auseinandersetzung mit der
Welt und anderen Menschen, und nicht nur mit mir, fand ich bereichernd und ich
bekam das Gefühl, immer mehr zu wissen, wer ich bin. Ich stellte aber auch immer
wieder schmerzlich fest, wo ich noch schlafe, wo ich mich in diesem Leben
verpisse und wählte, so bewusst wie möglich, wo ich das so lasse und wo ich es
ändern will. Ich habe alte Wunden aus der Kindheit nochmals tiefer angeschaut
und wieder ein Stückchen geheilt. Ich habe meinen Vater in Frieden
verabschiedet und Frieden mit meiner Mutter geschlossen. Aber vor allem habe
ich mit meinen ungeliebten Anteilen immer mehr Frieden geschlossen.
Und dann
trat das ein, was ich mir NIE NIE NIE hätte vorstellen können, bzw. ich war so
überzeugt, dass es mir nicht passieren würde. Ich musste 2018 zum Sozialamt. Es
war demütigend, ich schämte mich.
Zum Glück
kam ziemlich rasch ein temporärer Bürojob, so dass ich wieder weg kam. Ich war
zuversichtlich, durch diesen temporären Einsatz wieder mehr Chancen zu haben.
Doch danach kam wieder nichts und ich durfte Anfang 2019 wieder zum Sozialamt.
Diesmal ging ich anders hin und es war nicht mehr demütigend. Ich spürte echte
Unterstützung. Ich merkte aber auch, dass ich mich dem hingab. Ich meine, es
führte einfach kein Weg daran vorbei, ich konnte mich nun dagegen wehren oder
es einfach akzeptieren. Ich akzeptierte es, ich war auch echt müde vom Kämpfen,
vom Tun, vom Wiederstand.
Zu dem
Zeitpunkt kam dann mein Partner wieder mit der Frage, ob ich mir vorstellen
könnte, an der Supermarktkasse zu arbeiten, er kenne den Filialleiter von
unserem Einkaufsladen persönlich. Poah… also so wirklich vorstellen konnte ich
mir das nicht. In mir kam die Angst hoch, wieder an dem Punkt zu landen, wo ich
2016 war, wo ich den stressigen Job gekündigt hatte. Und doch gab es eine
Stimme in mir, die es irgendwie für möglich hielt. Also liess ich mich darauf
ein und arbeite nun seit Mai 2019 da und bin zum Glück wieder unabhängig. Bis
vor kurzem hatte ich mit dem Job noch Probleme, weil es ist wirklich verdammt
herausfordernd, ein aggressives, lautes, schnelles und wenig wertschätzendes
Umfeld und mein Tinnitus ist seitdem wieder da und geht nicht mehr weg aber ich
komme immer besser damit klar und kann gerade so viel über mich, über andere
und von anderen lernen UND ich kann dienen.
Meine
Beziehung war übrigens längst keine Bereicherung, keine Inspiration mehr aber
durch meine Situation hatte ich nicht den Mut, sie zu beenden. Anfang April
2019 hielt ich es nicht mehr aus und habe sie trotz schlechten Zukunftsaussichten beendet. Ich betete zum Himmel, dass sich eine Lösung finden
würde. 6 Monate hat es gedauert. 6 Monate, wo ich nochmals so richtig durch
tiefe Täler geschritten bin, viel reflektiert, gelöst, geheult, gelitten, Wut
gelebt, hingestanden, wieder aufgerappelt und weiter gegangen bin.
Nun sitze
ich in meiner gemieteten Wohnung, obwohl ich doch nie mehr alleine wohnen
wollte, dafür kann ich meine Sachen aufstellen und hinhängen und es mir
gemütlich machen, wie es mir gefällt bzw. heraus finden, was mir denn wirklich
gefällt.
Ich habe
einen Job, der mir Tinnitus schenkt, mich heraus fordert, mich über Wasser hält
und unabhängig macht und mich einiges lehrt in Bezug auf Wertschätzung und
Dienen.
Und ich habe
einen Menschen kennen gelernt, der mein Herz ganz tief berührt und der wie ich,
die Sauna liebt, gerne Menschen zusammen bringt, gemeinsam was unternimmt, aktiv am Leben teil nimmt.
Nun sitze
ich also hier, gerade keine Ahnung, wohin es gehen soll und was ich wirklich
will. Ich sitze im Warteraum Gottes, lasse alles WOLLEN und SOLLEN los, folge
der Freude, gebe mich dem Leben hin, diene und warte, bis mein Name aufgerufen
wird.
DANKE dir
von Herzen fürs Lesen!!!
DANKE Leben,
dass ich hier sein darf, da wo ich gerade bin!
HerzLicht
Monia ॐ